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(10) Kirchstuhlstreit wegen der Zang’schen Magd (1792)

Gemeinde-Archiv Mainstockheim Bd. BII/14, S. 352 – 354, (Ratsprotokolle)

Actum Mainstockheim den 22. 7.bris 17921
Extra-Rath

Nachdem Herr Cantor Zang dahier sich herausgenommen, bei der ganzen Kirchenversammlung, seine Dienst-Magd in den von diesen sogenannten Braut-Stuhl, einzusezen. So hat man sich fürdersamst die Bader Schmidtin, welche der Magd den Eintritt verweigert, den Vorgang folgendermaßen erzehlen lassen:
Weil die Kantor Zangische Dienst-Magd schon 2. mal sich fornicando2 vergangen haben solle; So hätten die ledigen hißigen Bürgers Mägden, ihr den Jungfern Kirchen-Stand, versagt. Als sie dann darauf in den vorderen Brautstand, wo sie schon 22. Jahr lang stehen, sich stellen wollen. So haben sie solche schon letzten Sonntag zurückgewiesen, weil die Mägde ihren besonderen Kirchen Stand hätten und wohl die Frau Kantorin, die sich aber freywillig einen anderen Stand gewählet, da hinein zu stehen berechtigt wäre, nicht aber dieses Recht auf die Magd sich erstrecken könne. – Die Magd habe sich aber gerühmet, nächsten als gestrigen Feyertag, würde sie ihr Herr selbst hineinführen. – – Dieß sei denn auch gestern würcklich geschehen, denn Herr Kantor Zang hätte sie Schmidtin hinter dem Altar verpaßt [?], und seine Magd in die Kirche gleich nachgehen lassen und als sie derselben den Eintritt in diesen Stuhl wieder verweigert, durch Zurückschiebung ihrer Person solche ordentl. eingewiesen. – – Da keine Magd das Recht habe, sich in die Stühle ihrer Weiber zu stellen, besonders auch die Frau Kantorin diesen vorderen Stuhl, nicht einmal mehr besuche folglich dieser Weibs-Person, besonders bey ihrem Ruf, dieser Stand nicht gebühren könne, so überlasse sie einem E. Rath, weitere Verfügung, hoffe aber, danno künftig verschont zu bleiben. – – Man hat nun Herrn Cantor Zang, sogleich vorkommen lassen, und da seine Einwendungen keine Erheblichkeit gewesen sind, So hat man demselben von Rathswegen diese große Übereilung sehr verhoben und vermög des bereits unterm 28. Juny 1764 gefaßten und ihm vorgelesenen Rathschlusses befohlen, seiner Magd, den für dergleichen Personen bestimten Kirchen-Stand hinter denen Weibern anzuweisen, mit der Bedeutung daß, wenn sie sich wieder beygehen lassen würde vorn hin zu stehen, sie durch den Kirchenaufseher hinausgewiesen werden würde

   actum ut supra
   T. Joh. Fridr. Traber

Anmerkung:

Diese Sache ist aber noch nicht erledigt. Vier Wochen später erscheint Pfr. Kirchner vor dem Rat und beschwert sich über die Zang’sche Magd, die den Pfarrer „nachts um ½ 9 Uhr“ durch Schnalzen und Pfeifen und anderen Unfug geärgert hätte. Das damalige Pfarrhaus steht unterhalb der Kirche und der Kantoratswohnung. „Mittels zum Fenster hinausgehaltenen Lichtes“ wird die Urheberin erkannt, weil sie „mit ausgezogenen Schuhen in die Kantorey geschlichen und die Thür zugemacht“ habe. „Sie [= der Pfarrer und seine Frau] hätten dann das große Hohngelächter gehört, welches Herr Kantor Zang, seine Frau und Magd oben in der Stube aufgeschlagen haben“. In dem ausführlichen Protokoll wird dann die nicht ganz feine „Unterhaltung“ zwischen dem Pfarrer und der Magd geschildert und in der Ratssitzung das Vorleben der Magd eingehend untersucht. Da dies aber nicht den Kantor Zang betrifft, soll es bei diesen Auszügen aus dem Protokoll belassen werden.


Fußnoten:
  1. = 22. Sept. 1792[]
  2. = ehebrecherisch[]