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Zweyter Abschnitt.

§. 7. Von den Bälgen.

Hiebey ist in dem Akkord nachzusehen:

1.) Wie viel Bälge bedungen?

2.) Wie groß solche bedungen? worauf sie gezählt und gemeßen werden.
Anmerkung: Wenn es bey einer Orgel am Winde fehlt, so ist der Orgelmacher allein Schuld daran, der verstehen muß, wie viel, und wie groß er die Bälge zu den vorgeschriebenen Registern zu machen hat, und muß dafür als Meister haften, weil man ihm die Anzahl und Größe der Bälge vorzuschreiben überlassen hat. Einige wollen zwar behaupten, es seyen z. B. zu einem 8 füßigen Werke 3, 4, Bälge 8 bis 10 Schuhe lang hinlänglich, überlegen aber nicht, daß ein 8 füßiges Werk ebenso wohl aus 16, 20, als aus 30 bis 40 Registern bestehen könne, wobey doch ein Unterschied zu machen ist. Der Orgelmacher hat also hier seinen Posten, mit dem Orgelverständigen, in Acht zu nehmen, er mache lieber einen Balg zu viel, als zu wenig, oder giebt ihnen an der Größe etwas zu. Man kan die Bälge 6, 8, 10, 12 und mehr Schuhe lang machen, und ihre Breite verhält sich zur Länge wie 1, zu 2, nämlich: ein Balg wird halb so breit gemacht als er lang ist.

3.) Man sehe, ob die Bälge nicht zu schwehr zu tretten sind: Denn wenn der Hebel oder Kalkantenklavis seine Unterlage nicht am rechten Orte hat, so sind sie allzuschwer zu tretten. Deßhalb sollte jeder Orgelmacher etwas von der Mechanik verstehen, besonders bey der Anrichtung der Wellatur, als wodurch ein Werk sehr leicht zum spielen gemacht werden kan.

4.) Ob die Bälge an einem gesunden Ort liegen, der nicht zu feucht ist und wohin keine Näße kommen kan?

5.) Ob die untere Blatte der Bälge hinten abwärts hängt, so daß, wenn der Balg aufgezogen ist, und man von vornen nach hinten zu, eine horizontale Linie ziehet, solche hinten an dem aufgezogenen Balge, Horizontal in der Mitte des Balges durchlaufe? Diese schiefe Lage der untern Blatte am Balge ist deßwegen nöthig, damit wenn der Balg aufgezogen wird, das Gewicht des Balgs nicht zu sehr gegen sein Zentrum oder gegen den Ruhepunkt drucke, und das Gewicht seine Kraft nicht verliehre.

6.) Ob das Gewicht zwischen den Leisten vest liege, damit es sich niemals verrucken könne?

7.) Ob das Gewicht nicht zu leicht oder zu schwer ist? das durch die Windwage erforscht wird.

8.) Statt der Gewichte bringen geschickte Orgelmacher Stangen, wie die Drechslerstangen sind, als hölzerne Federn an, die oben am Balge drucken, je höher der Balg aufgezogen wird, desto schärfer spannt sich die Feder, und desto mehr druckt sie in der Höhe; so wie aber, der Balg abwärts geht, so läßt der Druck der Feder nach, und das Gewicht kommt sodann dem Druck mehr zu Hülfe, als in der Höhe. Daher bey solchen Federn, die schiefe Lage der Bälge auch wohl unterbleiben kan.

9.) Statt der Gewichte, können auch innwendig in dem Balge, Federn von Stahl angebracht werden, nach Art der Stangenfedern, die an der obern und untern Blatte angenagelt sind, oder solche, die auf Schneckenart, zusammengebogen ziehen, wobey die Gewichte entbehrlich sind.

10.) Gegengewicht sind nicht zu dulden, davon obige Stange auch etwas hat.

11.) Es ist sehr nöthig nachzusehen, ob die Bälge so liegen, daß man des Flickens wegen rundherum dazu kommen kan?

12.) Man lasse Spanbälge und keine Faltenbälge neben((Druckfehlerberichtigung: nehmen, oder machen)), weil man an den letztern immer zu flicken hat, an den erstern aber selten.

13.) Ist nach zu sehen, ob das Holz zu den Bälgen stark genug ist? die Blatten müssen wenigstens 2 Zoll dick, und noch überdieß, oben und unten mit starken Zwerchleisten versehen seyn die der Dauer wegen mit hölzernen Schrauben aufgeschraubt werden.

14.) Wenn das Holz sehr ästig ist, so müßen die Aeste mit Leim übergoßen und mit Leder beledert werden, damit kein Wind durchkommen kan.

15.) Ob die Fangventile unten am Balge groß genug sind, und wenn die Bälge groß sind, ob solche Ventile mit doppelten Flügeln gemacht sind? indem die einfachen nicht so gut sind.

16.) Ob solche Fangventile genau schließen, damit kein Wind heraus gehe?

17.) Ob die Bälge, wenn die Orgel nicht gespielet wird, so langsam gehen, daß man von dem Zugehen derselben kaum etwas gewahr wird, welches anzeigt, daß alles, so wohl an den Bälgen, als an der Windlade, gut verwahrt und wohl beledert ist?

18.) Ob die Bälge nicht knarren oder stocken? dem abgeholfen werden muß.

19.) Ob die Bälge hinlänglich mit Roßsennen, ober beßer mit Eisen verwahrt sind, damit Sie halten? das man zwar nicht sehen, doch einigermaßen spüren kan.

20.) Man höre wohl darauf, wenn die Bälge aufgezogen werden, oder aufgezogen sind, ob die Büchsenventile nicht tremuliren, ohne und mit dem spielen aus der Orgel? denn wenn diese tremuliren, so tremuliren alle Register, das mehrentheils daher kommt, weil die Büchsenventile nicht auf das genaueste perpendiculär stehen; sie müßen daher recht perpendiculär stehen, wenn sie nicht tremuliren sollen, dem also abzuhelfen wäre.
Die Büchsenventile sind vorn am Balge, wo der Wind in den Hauptkanal geht, und wenn diese gut gemacht sind, und der erste Balg, aufgezogen ist, so darf sich der zweyte Balg wenn er aufgezogen wird, zum Zugehen nicht ehender regen, als bis der Wind des ersten Balgs sich verlaufen hat, das aus der Aereometrie seinen Grund hat.

21.) Bey manchen Bälgen ist oft nöthig daß sie, wie bey No. 8. angeführt wurde, mit hölzernen Federn, wie die Drechlerstangen sind, versehen werden; denn bey manchen Bälgen ist im Anfang, wenn Sie aufgezogen sind, der Wind um 1 oder 1 ½ Grad schwächer, als wenn er zugehen will, wo er stärker wird, also ist da eine Feder nöthig, die, als eine lange Stange, vorn über dem Balge an der Decke und über den Bälgen also angemacht ist, daß ihr dünner Theil hinten über dem Balge abwärts stehe, damit, wenn der Balg aufgezogen wird, diese Feder, durch den Balg, mit in die Höhe gedruckt werde, welche Feder nun, im zugehen des Balges, durch ihren Druck ihren Dienst thut, bis das Gewicht des Balges in seine gehörige Kraft eintretten kan.