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(11) „Zum Ärgernis gereichende Zwistigkeiten“ (1794)

Gemeinde-Archiv Mainstockheim, Bd. BII/17, S. 1 (Ratsprotokolle)

Nicht nur zwischen Pfarrer und Kantor, auch zwischen dem Pfarrer und anderen Gemeindegliedern kam es immer wieder zu Ärgernissen:

Actum Mainstockheim, den 3. July 1794
Kiliani Rath

1) … bis 3) …

4) Auf die von dem hiesigen Pfarrer Kirchner, gegen den Gemeinschafftl. Schuzverwandten und Schneidermeister Johann Georg Heckel, dahier bey Rath angebrachte Klage über die in dessen Pfarr-Wohnung, Ihme angethane gröbl. Injurien,1 wurde lezterer zur öffentl. Abbitte Leistung vor versammelten Rath und zur dreystündigen Incarcerirung2 inn Bürgerthurm, condemnirt,3 welche Strafe dann auch sogleich vollzogen worden ist.

5) Des hiesige Closter Ebrachl. Unterthanen und Schreiner Meister Johann Hofmann dermaliger Geselle, namens Rübel von Widdern gebürtig wurde auf gleichmäßige Iniurien-Klage des Herrn Pfarrer Kirchners dahin angehalten, Herrn Pfarrer sowohl als den von gedachten Herrn Kläger aufgeführten Zeugen Johann Heinrich Schmidt, wegen ebenfalls zugefügter Beleidigung, Abbitte zu leisten und sodann für Strafe 45 xr fränk. incl. RathsGebühren zu bezahlen, welcher Sentenz4 auch vollzogen worden ist.

6) Da sich seit einiger Zeit, zwischen Herrn Pfarrer Kirchner, und Herrn Kantor Zang dahier, eine – in verschiedenen ihnen obliegenden Amts-Verrichtungen sich äusernde – unangenehme – und der ganzen Gemeinde zum Ärgernis gereichende Zwistigkeiten, entstanden; So hat man einen zu Beseitigung dieser Verdrießlichkeiten beede vor Rath beruffen, und ihnen die dringenste Ermahnung zum Frieden, zur Wiedervereinigung und zur ordentlichen herkömlichen Ausübung ihrer Amts-Pflichten dahin gegeben, daß jeder also sowohl der Herr Pfarrer und Herr Kantor, sein Amt nach ihren Pflichten und denen älteren Vorschifften und bisherigen Observanz5 ordentlich verwalthen und ihr unter beeder-seitiger Mitwürkung zu verrichtene Amts-actus, mit der erforderlichen Harmonie, versehen; folglich alle ärgerliche und anstösige – auf Nuzen ihres Amtes selbsten, den schädlichsten Einfluß nach sich ziehende Gehäsig- und Feindseeligkeiten vermeiden; folglich keiner den andern in seinen Amtsverrichtungen eine boßhaffte und vorsezliche Hindernis in den Weeg leegen solle; Auserdem man vermüsiget sehen würde, eine fernere unangenehme Veranlaßung, genauer zu prüfen und zu ahnden.
Nach gethaner wechselseitigem Versprechen, wurden beede entlaßen, und damit beschloßen.

actum ut supra
In fidem6
T. Johann Fried. Traber

Anmerkung:

Die ersten drei Punkte dieses Protokolls, die dörfliche Angelegenheiten beinhalten, werden ganz kurz abgehandelt (8 Zeilen), die abgedruckten Punkte 4 – 6 sehr ausführlich dargelegt. Anscheinend hat dem Pfarrer Kirchner etwas die Eigenschaft des friedlichen miteinander Auskommens gefehlt, so dass es mit seinen Gemeindegliedern immer wieder einmal zu ärgerlichen Streitigkeiten gekommen ist. Dass er mit dem sehr selbstbewussten Kantor Zang zusammengestoßen ist, verwundert deshalb nicht. Alle Streitigkeiten enden mit dem Tod des Pfarrers Kirchner am 14. Jan. 1795.


Fußnoten:
  1. = Beleidigungen[]
  2. = Verhaftung, Einsperrung[]
  3. = verurteilt[]
  4. = Urteil[]
  5. = Gewohnheit, Herkommen[]
  6. = zur Beglaubigung[]