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Erster Abschnitt.

§. 4. Von der Reparatur einer Orgel.

Dieß Geschäft verbreitet sich nicht nur über alte, sondern auch zum öftern über ganz neue Orgelwerke, wenn lezte nicht von sehr geschickten Meistern gebauet worden, und nach 4, 6 oder 8 Jahren einer gänzlichen Reparatur bedürfen.

Denn wenn man überlegt, das a) ein solches durch viele Kunst zusamm geseztes Werk, viele und öftere Strapazen auszustehen hat und dadurch nach und nach mangelhaft wird, b) daß sich mit der Zeit an die zinnernen und metallenen Pfeifen der Staub ansezt, der sich in einen Bleyzucker verwandelt, und dieselben zerfrißt, dem auch öfters Mäuse nachgehen, und solchen samt den Pfeifen zernagen, c) daß auch die hölzernen Pfeifen, die Windsäckgen, die Blasbälge ohnehin, Schaden leiden, der nach und nach beträchtlicher wird, und also einer gänzlichen Reparatur nöthig haben.

Um nun eine Gemeinde mit einer guten Orgel zu versehen, den Organisten die Plage damit zu erleichtern, und dem Künstler Ehre zu machen, muß man bei einem Werke, das reparirt werden soll, auf folgende Art zu Werk gehen.

Man laße das ganze Werk, durch einen Orgelverständigen Mann, nebst einen Künstler untersuchen, und vollkommen, wohin nur zu kommen ist, durchgehen, alle sichtbaren Fehler bemerken und aufzeichnen, und überlege sodann mit den Vorstehren26), ob es nicht räthlich sey, bei allzugroßen Reparaturkosten, das alte Werk dem Orgelmacher käuflich zu überlaßen, und dafür ein neues anzuschaffen, besonders wenn die Orgel zu schwach, und einer Verstärkung von einigen Registern nöthig haben sollte, wozu sich denn meistentheils, die Windladen und das ganze Gehäuße nicht schicken würden. Wäre dieß nicht der Fall, und man beliebte bei der Reparatur zu bleiben, so sollten die Vorsteher nicht zu sparsam dabei verfahren, und dasjenige, was des Flickens nicht werth ist, und doch viel kosten würde, lieber neu verfertigen lassen.

Ich will es durch ein Beispiel noch deutlicher machen. Als ich zu einer Orgelprobe berufen wurde, so fand ich nach genauer Untersuchung, daß verschiedene Pfeifen in mehrern Registern, gegen andere sehr schwach intonirten, welches ich dem sehr geschickten Künstler der sie verfertigt hatte, entdecke, und ihm die Schuld beimessen wollte, allein er lehnte es dadurch von sich ab, daß er die Pfeifen aus den alten Registern die noch gut gewesen, beibehalten müssen, ob er es schon widerrathen habe. Er zeigte mir die alten Pfeifen, allein es wurde diesem großen Fehler nicht abgeholfen.

Wenn man bei dieser Reparatur, etwas weniges mehr aufgewendet hätte, so würde man eine gleiche Intonation von allen Pfeifen in jedem Register haben fordern können.

Dieses beweißt nun so viel, daß man zwar an den Bälgen, Windladen ehe etwas altes beibehalten und ausbessern kan, als an dem Pfeifenwerke, es sey denn, der Orgelmacher suchte, wenn es anders möglich wäre, eine gleich starke Intonation durch solche Register, wo alte Pfeifen bleiben und neue dazu kommen, zu bewerkstelligen.

Ehe man aber eine Orgel zerlegt, hat man auf folgende Punkte genau Acht zu geben, um von den brauchbaren, und untauglichen Stücken einen Ueberschlag der Kosten machen zu können.

1.) Alle Register mit ihren Pfeifen durchzusehen, welche brauchbar oder untauglich sind.

2.) Ob die Windladen die Windstöcke, die Parallelen, die Ventile, die Spünde, nicht wurmstichig, aufgesprungen, oder noch gut beledert sind.

3.) Ob die Claviertasten ausgegriffen, und das Pedal sehr abgenutzt ist.

4.) Wie die Bälge beschaffen sind, ob sie meistentheils ganz neue, oder frische Belederung bedürfen, und ob solche nicht wurmstichig? ingleichen ob Sie recht liegen und nicht anders liegen könnten?

5.) Wie die Windkanäle beschaffen, ob sie noch gut halten und nicht aufgesprungen oder wurmstichig sind?

6.) Ob die Orgel leicht oder schwer zu spielen gewesen, da man bey der Reparatur helfen kan.

7.) Ob nicht eine Verstärkung mit mehrern Registern nöthig?

8.) Ob die alte Windlade breit genug zu solcher Verstärkung; oder ob eine neue gemacht werden müßte?

9.) Ob nicht tiefere Register nöthig, da man eins und das andere, von Holz, decken könnte? Wo sodann ein 4 füßiges 8 Fußton, und ein 8 füßiges 16 Fußton bekäme.

10.) Ob bey Verstärkung der Orgel nicht noch ein Balg mehr nöthig, und ob alsdenn die Windkanäle groß genug, oder ob deren mehrere und wie viel zum Wind einführen hinlänglich sind?

11.) Ob nicht für schlechte metallene Pfeifen, ganze Register von beßern Metall oder Zinn zu bedingen sind?

12.) Ob dem Orgelmacher mehrere Pfunde alter metall= oder zinnerner Pfeifen überlaßen werden könne, im Preiß von = = und die neuen von beßern Metall oder Zinn das Pfund für = = = (Hiebey wird der Gehalt des Metalls und des Zinns bedungen).

13.) Wie die Säckgen beschaffen, ob deren nicht viel zerrißen sind?

14.) Wie die Wellatur und Abstrakten beschaffen sind, ob keine der Letztern zersprungen, und auf welche Art solche an den Tasten angemacht sind?

Wenn nun auf diese Art alles aufs Beste durchgesehen worden, und die Orgel zerlegt werden soll, so finden sich erst noch diese und jene Hauptfehler, die man bey einer stehenden Orgel nicht einsehen konnte, und geht es damit, wie bey alten Häusern die man repariren laßen will. Wenn die eine schlechte Wand neben einer noch gut scheinenden eingeschlagen wird, so fällt die zweyte nach. Daher bey den Vorgefundenen häufigen Fehlern, die man einsehen konnte, noch auf jene zu rechnen ist, die man erst nach der Zerlegung des Werks findet, und ob es nicht beßer gethan sey, dem Orgelmacher die alte Orgel, um gewißen Preiß zu überlaßen, und eine neue dagegen zu akkordiren, wo denn die alte noch so lange stehen bliebe, bis die neue fertig ist.

Im übrigen können die Bedingniße der ganzen Reparatur auf eben die Art, wie schon bey den Bedingnißen der Disposition zu einem neuen Orgelwerke gemacht worden, jedoch mit den Ausnahmen die sich nur für die Reparatur schicken.


Fußnoten:
  1. Druckfehlerberichtigung: Vorstehern[]