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Beobachtungen bei der Übertragung von Zangs Kantate zum Trinitatisfest „Es ist ein Gott“

von Hellmut Hertel

Bei dieser Kantate „Am Feste der heiligen Dreÿfaltigket“ benutzt Zang, wie auch schon in früheren Kantaten, welche großen Festtagen gewidmet sind (1. Advent, Weihnachten, Ostern, 2. Pfingsttag) ein Instrumentarium, welches durch Hörner und Pauken verstärkt ist.

Die Kantate hat vier Sätze; neben dem 4-stimmigen Chor sind Solostücke für Bass, Tenor und Sopran vorhanden.

Der Text der Kantate mutet uns heute recht fremd an. Das Thema ist die Auseinandersetzung zwischen dem christlichen Bekenntnis der Dreieinigkeit Gottes und dem rationalistischen Einwand, eine Person (Gott) könne nicht gleichzeitig aus drei Personen (Vater, Sohn und Heiliger Geist) bestehen. Diesen Widerspruch versucht Zang in der vorliegenden Kantate textlich – und wie ich meine – auch in musikalisch bemerkenswerter Weise zu bearbeiten und zu einer Antwort für die christliche Gemeinde zu führen.

Die folgenden Beobachtungen machte ich bei der Übertragung der Kantate aus dem Original; es handelt sich dabei keineswegs um eine fundierte musikalische Qualifizierung des Werkes – dies bleibt einem Berufenerem vorbehalten. Aber vielleicht können die Anmerkungen zum Weiterdenken Anstoß geben.

1. Chor. Grand.

Der 1. Satz der Kantate ist mit „Chor. Grand.“ überschrieben, also wohl für einen großen Chor (im Gegensatz zu solistisch besetzten Chorstimmen) bestimmt.

Die Kantate beginnt im 3/4-Takt (3!) unisono in allen Stimmen mit einem mächtigen D-Dur Akkord, welcher sich in aufsteigenden Terzen (3!) fortsetzt. Bemerkenswert ist weiter, dass auch der Generalbass überwiegend in der Terz geführt wird, so dass sich schon hier musikalisch das Thema der Kantate zeigt: die Dreieinigkeit Gottes. Das Anfangsmotiv findet seinen Abschluss in einer Triolenphrase (3!) in der 1. Violine. Hier nimmt nun der Chor unisono das Thema auf. Während der Sopran verweilt, bestätigen die beiden Unterstimmen: „nur ein Gott“; schließlich betonen Alt und Bass nochmals das Wort „ein“, indem sie zusammen den ganzen D-Dur-Tonraum durchschreiten. Nun erfolgt die Auseinandersetzung mit der Dreieinigkeit, indem alle Stimmen gemeinsam bestätigen „doch drei Personen“, während die Violinen durch ihre alternierenden Achtel-Bewegungen die Aussage gleichsam auf den D-Dur Grund („ein Gott“) zurückführen.

Diesem ersten Teil folgt eine Schilderung von Gottes Wohnen „im hohen Himmel und auf der Erde“. Sie wird beendet durch ein Triolenmotiv, welches nochmals die Anfangsaussage zusammenfasst.

Der folgende Teil beschäftigt sich mit dem „unbegreiflich hohen Wesen“ Gottes, welches in einer Reihe von Modulationen und großen Tonsprüngen dargestellt wird, die schließlich bei der Interpretation der Annahme als Kinder Gottes durch die Taufe in einem von oben nach unten sich niederbeugenden Motiv ihren Ausdruck findet.

Die nun folgende Fuge (Allegro) zeigt musikalisch, dass die Annahme in der Taufe nicht nur die Christenheit insgesamt, sondern auch jeden Einzelnen betrifft.

Schließlich wird durch Wiederholung des 1. Teils Gott als Drei-Einer erinnert.

2. Recit.:

Das folgende Bass-Rezitativ versucht sich intellektuell mit dem Widerspruch zwischen Dreieinigkeit und der Existenz eines Gottes auseinander zusetzen. Besonders bemerkenswert ist die musikalische Ausgestaltung der Aussagen „nicht allzuviel“ und das „beßre Ziel“ und weiter, wie anschließend der Grund der Erlösung durch Vater Sohn und heiligem Geist als Grund für die Dreieinigkeit Gottes dargestellt wird.

3. Aria. Andante

Die folgende Tenorarie wird als Besonderheit von einem Flageolet begleitet. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Besprechung des „Ostertriumphs“, welcher ebenso diese Art der Besetzung der 1. Violine vorsieht. Zang versucht wohl mit diesem Kunstgriff nochmals den Widerspruch zwischen Vernunft und Glauben darzustellen. Diese Arie ist mit ihren 151 Takten das längste Stück der Kantate und steht somit im Zentrum. In ihr geschieht die Umkehr vom rationalistischen Weltbild zum christlichen Glauben, welcher ein Geschenk Gottes ist.

Auch diese Arie steht im 3/4-Takt und weist wieder häufig den Gebrauch von Triolen auf. Deutlich wird die Verlorenheit der Vernunft musikalisch interpretiert, welche aus der Höhe in den Abgrund fällt und alleine bleibt. Entsprechend der Erfahrung, dass der Glaube von Gott geschenkt wird, schließt die Arie mit der Bitte um Erkenntnis der Dreieinigkeit, welche Zang mit einer Reihe von Oktavsprüngen unterstreicht, als wolle er sagen: Es ist der gleiche Ton, und doch sind es verschiedene Töne.

4. Soprano Solo col Tutti

Der letzte Satz, eine Sopran-Arie mit Choreinwürfen, steht schließlich im 2/4-Takt. Die Violine stimmt ein liebliches Motiv an, welches sich in Triolenläufen fortsetzt und gleichsam das Lob Gottes vom Himmel her anstimmt. Der Eindruck wird noch unterstrichen durch den Einsatz der Hörner und Pauken. Es ist eine königliche Musik, welche hier erklingt.

In sie hinein singt der Sopran, wie Engel vom Himmel das Lob des Dreieinigen Gottes. Dieses Lob nimmt die christliche Gemeinde in Form des Chores mit dem „Heilig ist Gott“ auf, welches Zang in großen Klangblöcken in der Dominante (A-Dur) in das „Engelslob“ hineinkomponiert hat.

Und weiter noch, die ganze Schöpfung lässt das Lob Gottes erschallen, selbst „der Elemente Macht“ muss ewig Gott loben. Fast meint man, den „Hall durch die Ewigkeiten“ zu hören.

Nochmals erklingt das Lob Gottes, des Herrn der Heerscharen (jetzt in der Subdominante G-Dur), bevor die Kantate überraschend durch eine kurze Modulation zur Anfangstonart D-Dur endet, als wolle Zang zum Ausdruck bringen, dass es nichts mehr gibt, was man diesem Lob zufügen könne.