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Zweyter Abschnitt.

§. 15. Von den Kanzellen.

Die Kanzellen haben ihren Namen vom Gitter, das Cancelli heißet, weil sie, durch die viel eingebohrten Löcher, wie ein Gitter aussehen, ehe Sie gespündet werden. Es sind diejenigen Röhren, worauf, in der Windlade, die Pfeifenlöcher gebohrt sind.

1.) In der Manuallade müßen so viel Kanzellen oder Röhren seyn, als Claves in Manuale sind.

2.) Wenn das Pedal an das Manual angehängt wird, so kommen noch eben so viel Kanzellen, als das Pedal Klaves hat, in die Manuallade unter die zwey untersten Octaven, wie §.2. No.3. bey der Disposition zu lesen ist. Es muß also bey solcher Anhängung jeder Pedalklavis seine eigene Kanzelle haben, und zwar darum, wenn der Pedalklavis an dem Manualventil angehängt würde, und es würde ein Pedalklavis getretten, so würde sich der Manualklavis, an deßen Ventil der Pedalklavis hienge, auch mit nieder drucken, dergleichen Gattung man noch an einigen sehr alten Orgeln findet. Diesem Uebel wolten einige abhelfen, und setzten unter jeden Manualklavis eine Feder, die nun zwar in der Höhe blieben, wenn der Pedalklavis getretten wurde: dagegen wurden aber die Manualklaves zu harte zu spielen, wo das Pedal nicht nieder getretten wurde, und dieses war schlimmer als jenes, diesen beyden Uebeln nun, wurde dadurch abgeholfen, daß man für die Pedalklaves noch besondere Kanzellen in die Manualwindlade machte.

3.) Diesem nach hat jede Pedallade nur so viel Kanzellen als Pedalklaves sind.

4.) Unter den Kanzellen werden also diejenigen Röhren verstanden, welche in der Windlade vorn vom vordersten Register an (das im Gesichte steht) bis hinten zum hintersten Register das in der Orgel steht, hingehen, darinn die Pfeifenlöcher gebohrt sind. Diese in die Kanzellen gebohrte Pfeifenlöcher decken oben drüber die Parallelen, oder Registerzüge zu, und unten in der Windlade deckt jede Kanzelle mit ihren Pfeifenlöchern das Ventil zu.
Wenn nun z. B. in einem Manual einer Orgel 10 Register wären, so stünden die 10 große C Pfeifen in einer geraden Linie hintereinander auf dem Windstock, in ihren Löchern, unter diesen Löchern liegen die Registerzüge, und unter denen Registerzügen, just unter den Löchern des Windstocks sind in die Kanzellen 10 Löcher für die 10 Pfeifen des großen C gebohrt. Diese Kanzelle deckt mit ihren 10 Löchern das Ventil. Wenn nun eins, oder etliche, oder alle Register gezogen sind, und es wird das große C im Manual gegriffen, so Intoniren so viel von den großen C Pfeifen als Register gezogen sind. Diesem nach stehen auf der folgenden Kanzelle alle große D der sämtlichen Manualregister, und so fort.
Es hat also der Orgelmacher in Ansehung der Austheilung der 16, 8, 4 und 2 füßigen Register die hintereinander zu stehen kommen, als auch bey akkurater Bohrung der Löcher zu den Pfeifen, damit die Löcher im Windstock wie in den Parallelen genau auf die Kanzellenlöcher treffen, sehr viel Fleiß anzuwenden; wie nicht weniger, in Ansehung der überaus gleichen Abrichtung des Holzes des Windstockes, der Parallelen und des obern und innern Theils der Windlade, so daß ein geschickter Orgelmacher solches, auch ohne Belederung, den Wind zu halten, zu machen im Stande ist.

4.) Wenn diese Kanzellen nicht richtig ein und abgetheilt und fodersamst groß genug gemacht sind, so bekommen die vielen Pfeifenlöcher auf jeder Kanzelle, nicht genug Wind, besonders wenn mehrere Register, oder wenn sie alle gezogen sind, das man gleich hört, wenn das ganze Werk stokkato gespielt wird , wie §. 10. No. 18. zu lesen ist; da denn das ganze Werk nach Wind schlucket, und also die Pfeifen ihren gehörigen Ton nicht geben können. Eine solche Windlade taugt ganz und gar nichts, es ist ihr nicht zu helfen und wird daher verschlagen.

5.) Damit nun jede Kanzelle ihren gehörigen Wind bekomme, so soll der Orgelmacher lieber jede um ⅓ oder ¼ größer machen, als das Maas erfodert, und also auch das Ventil, so wird es nicht am Winde fehlen; es kostet nichts, als etwas mehr Holz und Leder. Denn wenn auch die Kanzellen und Ventile größer sind, als sonst, so wird deßhalb nicht mehr Wind verschwendet; es nehmen die Pfeifen nicht mehr Wind an als erforderlich ist, und der Orgelmacher kan, auf solche Art mit seiner Arbeit bestehen.