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Auf der Suche nach dem Nachlass Joh. Heinrich Zangs…

…bin ich beim Ordnen des Gemeindearchivs Mainstockheim auf eine Kriegskosten-Rechnung, „Magazins-Beiträge“ aus dem Jahr 1807 gestoßen (Akt R080/3). Dort ist als Bewohner des Hauses Nr. 46 der Kantor Zang aufgeführt (Zang wurde nicht veranlagt!). Im Anlagebuch von 1806 (Akt B XII/7) wird das Haus Nr. 46 als Gerichtsschreiberei aufgeführt. Bei der neuen Straßenbenennung und der Neunummerierung, die in den Fünfziger Jahren hier durchgeführt wurde, taucht im Vergleichsverzeichnis diese Hausnummer nicht mehr auf. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird unsere Vermutung stimmen, dass der damals benachbarte Landwirt im 19. Jahrhundert dieses Haus gekauft und seinen Betrieb dort durch einen Scheunenneubau vergrößert hat. Somit ist es sehr unwahrscheinlich, dass in Mainstockheim noch etwas vom Nachlass des Kantors Zang gefunden wird.

Bei den Nachforschungen in Kitzingen konnte ich in den Kirchenbüchern der Stadtkirche die Familie des Zang-Enkels Karl Heinrich Zang zusammensuchen. Mir war bekannt, dass dessen Vater, der Arzt Dr. Paul Zang, 1828 im Mai in Obereisenheim verstorben war, und dass der Enkel Karl Heinrich im August 1828 in Zeilitzheim (Eintrag im Obereisenheimer Kirchbuch) die Kitzinger Kaufmannstochter Maria Friederike Schmidt geheiratet hatte. Am 18. April 1829 wurde in Obereisenheim das erste Kind dieser Ehe geboren: Friedrich Bernhard. Im Jahr 1830 verlegte diese junge Familie ihren Wohnsitz nach Kitzingen. Karl Heinrich Zang erwarb das Bürgerrecht und die Handelskommission. Dort wurden noch drei Kinder geboren: am 18. 7. 1830 Elisabeth Charlotte, am 12. 7. 1832 Johann Michael Eduard und am 28. 5. 1837 Margaretha Barbara. Der nächste in den Kitzinger Kirchenbüchern gefundene Eintrag stammt vom 3. 12. 1867. An diesem Tag heiratete die jüngste der Töchter dieser Familie, Margaretha Barbara Zang, in Kitzingen den ledigen Gastwirt Philipp Martin Johann Emil Stadler aus Frankfurt am Main, der aus Gießen stammt. Nur noch zwei Eintragungen über diese Familie waren auffindbar: Am 13. 5. 1884 der Sterbeeintrag des 78-jährigen Enkels des Kantors, Karl Heinrich, als dessen Berufsbezeichnung Privatier angegeben ist und der Sterbeeintrag seiner ältesten Tochter am 9. 4. 1909: „Charlotte Zang, ledige Privatiere, gestorben in Frankfurt/Main, wurde nach Kitzingen überführt, Alter 78 Jahr 8 Monate und 21 Tage“.

Meine weiteren Erkundigungen im Stadtarchiv Kitzingen hatten folgendes Ergebnis: Im Verzeichnis sämtlicher Bewohner der Stadt Kitzingen von 1838 ist unter der Hausnummer 445 in der Vorderen Oberen Bachgasse der Kaufmann Karl Heinrich Zang aufgeführt. Diese Hausnummer war übrigens schon in den Geburtsvermerken der Kinder angegeben. Im Sterbeeintrag Karl Heinrichs lautete die Wohnungsanschrift Kaiserstraße 445. Im Kitzinger Adressbuch von 1900 findet sich der Eintrag: „Zang, Charlotte, Frl., Privatiere, Würzburger Thorstr. 394“. Und im Adressbuch von 1906 derselbe Name mit der Adresse „Würzburgerstr. 16“. Auf einer Karte im Stadtmuseum konnte ich beide alten Hausnummern finden. Die beiden bei Charlotte Zang angegebenen Adressen sind identisch. Anscheinend wurde zwischen 1900 und 1906 die neue (heute noch zutreffende) Straßen- und Nummernbezeichnung eingeführt. Bei einer „Ortsbesichtigung“ stellte ich fest, dass das Haus des Kaufmanns Karl Heinrich Zang (früher Nr. 445) beim Bombenangriff vom 23. Februar 1945 vollständig zerstört wurde, während das Haus der Charlotte Zang heute noch steht. Beide sind übrigens nur etwa 150 Meter voneinander entfernt. Meine Überlegungen waren nun folgende: Falls der Zangsohn Dr. Paul Zang nach dem Tod seines Vaters (1811) dessen Nachlass nach Obereisenheim gebracht hat und falls dessen Sohn Karl Heinrich, der ja der Patensohn des Kantors war, nach dem Tod des Dr. Paul Zang (1828) und bei der Übersiedelung nach Kitzingen (1830) diesen Nachlass seines Großvaters nach Kitzingen mitgenommen hat, könnte dieser in dem Haus 445 gelegen haben. Nach dem Tod Karl Heinrichs (des Enkels) im Jahre 1884 könnte die Urenkelin Charlotte bei der Auflösung des Haushalts ihres Vaters den Nachlass des Kantors, ihres Urgroßvaters, in ihr nur wenig entferntes Haus gebracht haben. Nachdem seither aber das Haus mehrmals den Besitzer gewechselt hat, ist es unwahrscheinlich, dass auf dem Dachboden noch etwas zu finden ist. Mit dem jetzigen in Nürnberg wohnenden Besitzer habe ich trotzdem Verbindung aufgenommen. Er hat mir versprochen, dass er im Oktober, wenn er wieder nach Kitzingen kommt, mit mir den Dachboden durchschauen will.

Ich weiß sehr wohl, dass bei meinen Überlegungen sehr viele „falls“ und „möglicherweise“ stecken. Trotzdem gibt es noch eine Möglichkeit: Von den beiden Söhnen Karl Heinrich Zangs (Friedrich Bernhard und Joh. Michael Eduard) finden sich in den Kitzinger Kirchenbüchern weder Heirats- noch Todesnachrichten, auch von dessen Frau kein Sterbeeintrag. Dagegen heiratet seine jüngste Tochter 1867 nach Frankfurt und seine älteste Tochter stirbt, sicher bei einem Verwandtenbesuch, 1909 in Frankfurt. Liegt da nicht die Vermutung nahe, dass der sicher zu einigem Wohlstand gekommene Kaufmann Karl Heinrich Zang (der als Privatier in Kitzingen lebt und dessen Tochter Charlotte ebenfalls als Privatiere in Kitzingen ein Haus besitzt) seine beiden Söhne in die Handelsmetropole Frankfurt schickt und dass sich diese dort niedergelassen haben? Dort lernt ihre Schwester Margareta Barbara ihren zukünftigen Mann kennen, dort lebt ihre Mutter nach dem Tod des Vaters bei ihren Kindern, dort stirbt die älteste Tochter Charlotte bei einem Besuch. Ich weiß, dass diese Vermutungensehr gewagt sind, sie werden aber wahrscheinlicher, wenn man weiß, dass die uns bekannten sieben Kantaten Zangs aus dem württemberg-badischen Raum südlich von Frankfurt stammen. Hoffen und suchen wir weiter!

Ludwig Ruf