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VI. Anzeige des Kantors Johann Heinrich Zang an die Schultheisen, Bürgermeister und den Rat von Mainstockheim gegen den Pfarrer Kirchner, seine Lehre und seinen Wandel betreffend vom 22. Februar 1794

Denen Wohlehrenvesten und Vorachtbaren
Oberdorfsherrschaftlichen Herrn Schultheisen,
Bürgermeister und Rath dahier zu Maynstockheim,
meinen hochgeehrten Herren,

vermüßigte Anzeige
mein
Johann Heinrich Zang
Cantoris dahier,
entgegen den Herrn Pfarr
Johann Georg Kirchner,
Seine Lehre und Wandel
betr.

Wohlehrenveste und Vorachtbare inbesonders hochgeehrte Herren Schultheisen, Bürgermeister und Rath!

Daß ein jederzeit von Wirzburg neu hierher gesetzt werdender Pfarrer, bey seiner Verpflichtung dortselbst hauptsächlich schwören muß, daß er nicht nur der heil.n Schrifft, sondern auch besonders der unverändert Augsburgl.n Confession conform predigen und lehren soll, hoffe ich, wird Denenselben allerseits bekannt seyn: Und noch nie wird solg ein Beyspiel dahier gefunden worden seyn, daß ein Geistlicher dieser seiner Pflicht so wohl, als auch jener die er vor einem Evangelischen Altare, seinen Consecranten((consecrant: Geweihter)), auf das heil. Evangelium schwören muß, Ehr und Pflicht vergeßen entsaget, und sich eigenmächtig beygehen laßen, wider besagte Evangelische Lehre zu predigen und zu lehren, deßhalb auch der hiesige Ort, Mainstockheim, in der lauteren Milch des heil.n Evangelii, unter dem reinen Vortrag vormaliger Pfarrer und Seelenhirten, zum Preise unseres Gottes, fortgepflanzet worden.

Ob nun auch gegenwärtiger, seit ao 1785. von Wirzburg dahier gesetzter Hl. Pfarr Johann Georg Kirchner, alldorten auf obbeschriebene Art, der heil.n Schrifft und unveränderten Augsburgl.n Confession gemäß zu lehren und zu predigen, ist verpflichtet worden, solte man fast bezweifeln; Doch – da derselbe seine, seinem ehemaligen Consecranten vor dem Evangelischen Altare zu Kitzingen geleisteten Pfarrpflicht, wider beßer Wißen und Gewißen, entsaget, so wird ihm diese mit jener Pflicht wohl einerley seyn, und es läßt sich wohl aus folgenden der unbezweifelt richtige Schluß machen, daß derjenige Mensch, besonders ein Pfarr, der die Frechheit und Unverschämtheit hat, sich selbst vor seiner Gemeinde, und zwar noch in öffentlicher Kirchenversammlung, als einen s. h.((s. h..: salvo honore: unbeschadet der Ehre)) öffentlichen Lügner zu declariren und darzustellen |: wie dieser Hl. Pfarr Joh. Georg Kirchner ao 1790. an denen beyden Sonntagen: Jubilate und Cantate, in öffentlicher Kinderlehre that :| daß ein solcher Mensch auch gar wohl seinen Gott und seiner Herrschaft abgelegten Eyd, Gewissen und Ehrlos verachtet, und zum größten Seelenschaden seiner ihm anvertrauten Gemeinde hinten an setzet, und solchen als eine blose Ceremonie ansiehet, die ihm zu seiner Mastung hilft, im Uebrigen aber ihm ein Kinderspiel ist.

Wie nun solcher Gott und seiner Herrschaft geleisteten Pflicht vergeßen, schon benanndte dahiesige dermalige Hl. Pfarr Kirchner, sich bishero mit Lehren und Predigen, und dann auch in privatDiscursen, wider die heil. Schrifft und unveränderte A. C.((A. C. = Augsburgische Confession)) betragen, wodurch er nichts suchet, als seine ihm anvertraute Gemeinde, hauptsächl. aber die Jugend, von dem rechten Weg der reinen Evangelischen Lehre ab- und durch lauter, der heil.n Schrifft so wohl als der gesunden Vernunft widersprechende Lehrsätze, zu ihrem grösten Seelenschaden, ins Verderben zuführen; solches wird, ohne Zweifel, Denenselben schon einigermaßen wißend seyn. Bey diesem allen aber, da solche Bekanntwerdung nur gleichsam Obiter((= gelegentlich, nebenbei)) geschehen, finde ich mich als nun 42. jähriger Schullehrer dahier, verbunden, Ihnen das Betragen dieses Mannes schrifftlich zu schildern, welche Schilderung mit dem Zeugniße der ganzen Gemeinde begleitet, Dieselben reiferer Ueberlegung ziehen, nach welchen Dieselben bey Einem Königlich Höchstpreißl.n Consistorio zu Ansbach, sich Raths und gnädigsten Beystands erhohlen können, ob es rathsam sey, daß ein solcher mit ganz verkehrten Lehrsätzen geschwängerter Irrlehrer, bey einer solchen grosen Gemeinde, ferner hin zu dulden seye? Von deßen Gott und Gewissenloser, der Evangelischen Religion und der gesunden Vernunft gerade zu widersprechenden Lehre, wie auch einiger maßen von seinem dahier geführten Lebenswandel Sie in folgenden §.§. mehreres finden werden.

Er verwirft demnach
1.) Die Beicht, wider den 11. und 12. Art. der Augsburgl.n Confession, und sagt: Sie seye zu nichts nutz; es wäre kein Befehl dazu da, da doch solches aus drückl. wider die Worte unseres Heylandes ist, Joh. 20. Nehmet hin den heil.n Geist, welchen ihr die Sünde erlaßet p((p oder pp = praetermissis praetermittendos = unter Weglassung des Wegzulassenden)) und wider 4. B. Mos: 5.7. Sie sollen ihre Sünde bekennen. deshalb der verstorbene Hl. Oberpfarr Hecht von Kitzingen, in Beyseyn noch lebender Männer, sich scharf wider ihn gesetzet, und auch Hl. Pfarr Jäger zu Albertshofen, die ihn beyde einen Verführer und Irrlehrer schalten.

2.) Verwirft er die Psalmen, welche nichts weniger als Weissagungen von Christo in sich faßeten, und ist denen selben so feind, daß er nun schon seit etlichen Jahren keine mehr, wie sonst gebräuchlich war, zu Anfang des sonntägl.n Frühgottesdienstes, verließt; sondern statt solchen verließt er mehrentheils die Geschlechtsregister des alten Testaments, um die Gemeinde die mehrentheils solche Psalmen auswendig kan, von dem Mitbeten abzuhalten.

3.) Verwirft er das göttliche Gesetz der 10. Gebote, wie er denn am Sonntage Cantate 1793. in der Frühpredigt frey sagte, und solches Mittags in der Kinderlehre wiederhohlte: Die 10. Gebote taugten zu nichts mehr, Christus hätte sie aufgehoben; Die Leute solten am Sonntage arbeiten, die Weibsbilder nähen und stricken, und die Mägde die Löcher zuflicken, pp dabey ein groser Lerm |: und wie leicht zuerachten :| ein auserordentliches Gelächter in der Kirche entstunde. Hiemit lehrte er klärlich wider den Ausspruch Jesu, Matth: 5.17. Ich bin nicht kommen das Gesetz aufzulösen; sondern zu erfüllen, Und wider die Worte Pauli Röm: 3.31. Wie? heben wir denn das Gesetz auf durch den Glauben? Das sey ferne! Sondern wir richten das Gesetz auf. Diesen schwärmerischen Lehrsatz muste er sich gefallen laßen, daß ihm solchen eine Frau auf einer Hochzeit widersprach, welche diese Worte dazu setzte: Wenn das Gesetz nichts mehr taugt; so sind auch solche Pfarrer, die solches lehren zu nichts mehr nütze und man kan solche entbehren. Welches er mit einem Glas Wein hinunterschluckte, und stille schwieg.

4.) Seine theologische Gelehrsamkeit, als auch seine Wißenschaft in der griegischen Sprache verrieth er am 1. Weyhnachtfeyertage 1793. als er seiner Gemeinde zum Christgeschenke in der Frühpredigt, und zum Troste des neu gebohrnen Heylandes, das Anathema Maharam Motha des Apostels Pauli, 1. Cor. 16.22.((1. Kor. 16,22 in der 1794 gebräuchlichen Fassung: „So jemand den HErrn JEsum Christum nicht lieb hat, der sey Anathema, Maharam Motha!“ Spätere Fassung: „…der sei anathema. Maran atha!“ (d. h.: der sei verflucht. Unser Herr kommt!) )) wollte geben, da er sagte: Anathema = = = motti poletschka. Was nun sein motti poletschka auf gut schlabakisch heist, weiß er vermuthlich selbst nicht, doch wäre er schuldig solches zu erklären. Wie man sich nun öffentlich und laut in der Kirche über sein motti poletschka auf hielt, und er solches hörte und sahe, wolte er gleich folgend 2ten Feyertag die Worte Anathema erklären, und laß solche das erste-mal aus dem Buch; als er aber dieselben noch 2 mal excapite((= aus dem Kopfe)) wieder hersagen wolte, fieng er beide mal wieder an zu Poletschken, doch – |: wie ein Taschenspieler :| auf eine andere Manier. Darüber als man es belachte, und er solches sahe, laß er die Worte noch ein mal aus dem Buche.

5.) Am Sonntage nach den neuen Jahre 1794. sagte er Mittags in der Kinderlehre: Nun wollen wir ganz andere Kinderlehren halten, als bishero und fieng an vom Sabbath zu fragen; Ist der Sabbath um des Menschen willen gemacht? oder ist der Mensch um des Sabbaths wegen gemacht?
Wie nun von denen Kindern keine Antwort erfolgte, lehrte er ganz wider alle Vernunft, der Mensch wäre um des Sabbaths wegen gemacht, ließ sich auch die Worte Christi herlesen, Marc: 2.27 Der Sabbath ist um des Menschen willen gemacht, und nicht der Mensch um des Sabbaths willen. Damit er aber nun Recht behalten wolte, sagte er: Es ist zwar der Mensch eher gemacht und gewesen, als der Sabbath, jedennoch aber ist der Mensch um des Sabbaths willen gemacht, wobey er auch, Trutz dem Ausspruch Jesu, aller gesunden Vernunft zu wider, zum grosen Ärgernis der Gemeinde, unverändert darauf beharrte.

6.) Als er Dominica II. post Epiphaniae((= 2. Sonntag nach Epiphanias)) 1794. Kinderlehre hielt, verwarf er den hier eingeführten und erst wieder ao 1793 neu aus sonderbaren Befehl auf gelegten Ansbachischen Catechismus fast ganz, und das zum grösten Ärgerniß der anwesenden Gemeinde; wobey er sonderlich die Fragen hönisch durchhechelte: So bist du ein Gotteslästerer Mörder, Dieb? = Ist auch ein junges Kind des ewigen Todes werth? Das waren ihm lauter Unwahrheiten.
Bey der Antwort auf die Frage: Was ist Gott? schüttelte er den hochgeleerten Kopf, und sagte: Diese Antwort ist gar nichts nutz.
Bey denen Fragen und Antworten: Was wilt du thun, daß du seelig werdest? und = Womit wilt du für deine Sünden büsen und genug thun? sagte er: Das was hier stehet ist eben der rechte Köhlers Glaube, da soll das Verdienst Christi alles thun: Nein! die guten Werke müßen es thun, durch diese müßen wir seelig werden. Bey der Hersagung des Spruchs Pauli, Röm. 3. Wir halten dafür, daß der Mensch gerecht werde durch den Glauben, ohne die Werke des Gesetzes, sagte er: Paulus hätte da nicht die 10. Gebote gemeynet, sondern andere jüdische Werke, als die Beschneidung und dergleichen. Wir müßten gute Werke thun, das Verdienst Christi mächte es nicht aus, sondern durch die guten Werke müßten wir seelig werden. Hier prieß er nun das Gesetz und die Erfüllung deßelben durch gute Werke an, welch Gesetz er doch § 3. ganz verworfen. Mithin macht er solchen Mischmasch, daß nicht nur die Kinder, sondern auch alte Leute irre gemacht werden, da er selbst nicht vest gegründet ist, und nicht weiß was er lehret.
Jeder halbgelehrte Evangelische Christ weiß, daß der Glaube ohne die Werke tod ist, deßhalb aber machen ihn diese, die er zu thun verbunden ist, nicht gerecht vor Gott, denn: Aus Gnaden sind wir seelig worden, durch den Glauben: Nicht aus den Werken, und Jesus sagt selbst: Ich bin der Weg p niemand kommt zum Vater denn durch mich. Joh.14.
Die im Catechismo folgende Antwort auf die Frage: Ist der Glaube allein in eines Christen Herz? verwarf er ganz |: ohne dieselbe zuverstehen :| blieb er auf seiner Jesuitischen Lehre, daß die guten Werke mehr thäten als der Glaube an das Verdienst Christi: Welch Verdienst Christi er auf alle mögliche Weise zu unterdrücken sucht.
Das dritte Hauptstück des Ansbachischen Catechismi verwarf er ganz, und war ihm darinnen nach seinem hochgeleerten Kopfschütteln, alle Auslegung nicht recht und nichts nutz.
Die Antwort auf die Frage im 5ten Hauptstück: Ist das Abendmahl eine leibliche oder eine geistliche Speise? verdammte er mit diesen Flüchen vor der ganzen anwesenden Gemeinde: Das is a Donners=Blitzzeuch!
Ferner bey der Frage: Weshalben bist du ein Christ? schalt er die Antwort mit dem schändlichen Ausdruck: Das is a Lüge! p ohne zu überlegen, was der Wandel in Christi Fusstapfen heiset und ist. Und so mit beschloß er seine schwärmerische, allen Anwesenden zum grösten Argerniß gehaltene Kinderlehre.

7.) Wie er im Sommer mit dem grösten Unverstand für die Feldfrüchte betet, ist jedermann bekannt, Ich will nicht gedenken wie er um warmen Sonnenschein und naßen Regen bittet, aber nur dieses will ich gedenken, daß er Dienstags den 13. Jun: 1786. in der Bethsunde mit diesen unverständigen einem Geistlichen gar nicht zustehende Worte ausbrach, Gott möge doch ein warmes Donnerwetter schicken, das auch gleich am darauf folgenden Freytage, den 16. Jun: nach seiner Forderung kam, in unseren Thurm einschlug und daran viele Verwüstung machte. Hier durfte man wohl sagen: Irret euch nicht; Gott läßt sich nicht spotten. Wenn es auch mit Unverstand geschicht.
So wird auch jedermann bekannt seyn, daß er bey regnerischem Wetter betet, daß die schwarzen trüben regnerischen Strichwolken unsere Sünden von dem schwarzen Erdboden sollen abwaschen, statt zu beten, daß solche Sünden Christi Blut an uns soll abwaschen.
Man würde einen Wagen voll dieses ungeschickten, verkehrten und offt lästerhafften Gewäsches können aufladen, wenn man die Zeit damit verderben wolte.

Dieser Mann, der ganz und gar keinen Funken von Ehre, noch weniger wahre theologische Känntniß in sich hat, sondern ein bloser Empiricus((jemand, der auf Grund von Erfahrung denkt und der die Erfahrung als einzige Erkenntnisquelle gelten lässt)) = voller Barthischen Betrugs = voller Gott und gewissenloser Lehrsätze, hingegen ein wohlgelehrter Diffamiste((Beschimpfer, Verleumder)) ist, der auf der Kanzel und in Kinderlehren, und auch sonsten in privat Discursen |: ohne rein deutsch reden – recht lesen – noch orthographisch schreiben zu können :| weiter nichts kan, als ehrliche Leute wider alle Warheit, mit purem Lug und Betrug zu prostituiren((bloßstellen)), sie vor Unehrlich, ja selbsten für Centmäßig zu declariren, weßhalb auch, und besonders seiner mehr als baurenmäßig groben Conduite((körperliche Verfassung)) und aufgeblasenen Stolzes wegen, kein einziger HE. Geistlicher unserer Nachbarschafft, Umgang mit ihm haben mag, wovon Sie allerseits selbsten Zeugen sind, wenn ich Sie in folgenden §.§. daran erinnere.
Von diesem allen hat sein eigener Vater, schon bey seinem Einzuge dahier, mit diesen Worten geweissaget: = Mein

=Hanns Jörg ist gar grob, laßt ihn nur erst hier warm
=werden: Er ist auf keine Universität kommen und kan
=doch recht predigen=

Welche nämlichen Worte mir dieser Mann auch frey gesaget, daß er auf keine Universität kommen wäre. Solchem nach wird er auch schwerlich ein academisches Zeugniß haben, welches ein jeder der studiret hat muß vorzeigen können, wo und wie lang er studiret hat? Und wenn ein solcher dergleichen nicht vorzeigen kan, so steigt er als ein bloser Empiricus in den Schaafstall Jesu ein.

Wie er nun vorgibt er hätte unter dem ketzerischen Dr. Bahrdt studirt und wäre deßen Famuly((Gehilfe)) gewesen; so ist dieser sein vorgeblicher Lehrmeister von Kayserl.r Majestät des Röml.n Reichs verwiesen worden, und darauf von Ihro jetzt glorwürdig regieren Königlich Preußischen Majestät zu Ketten und Banden verdammt, und im Gefängniß seiner ketzerischen Schwärmerey wegen, gestorben. demnach darf man hier der Worte Jesu Luc: 6.40. wohl denken: Wenn der Jünger ist wie sein Meister, so ist er vollkommen. Nur ist zu bedauern und zu beklagen daß ein solch verkehrter Jünger einer so ansehlichen Gemeinde aufgedrungen ist, durch welchen endl. alle Seelen in die abscheulichsten Irrthüme geführet, und durch deßen bösen Lebenswandel zu der schlimmsten Nachfolge verleitet werden.

Da nun dieses verkehrten Irrlehrers, der sich weder schämet, so wohl auf öffentlicher Kanzel als in Kinderlehren vor der ganzen Gemeinde S.R.((S. R.: salvo respectu = mit Verlaub)) zu lügen, zu trügen und Unwahrheiten aus zukramen, seine gottlose Lehrart mit seinem Lebenswandel vollkommen übereinstimmet; so wird solcher sein bisher dahier geführter Lebenswandel, in folgenden §.§. bey Ihnen hiemit wieder zu einem frischen Andenken aufgeruffen: Allerdings wird bei Ihnen noch nicht in Vergeßenheit gekommen seyn, wie er sich auf die allerstrafbarste Art vergieng.

a.) Wider unsere 3. Allerhöchst und Hohen Oberdorfsherrschafften; daß nach dem er einigen Vergehens wegen, von denen Dreyen S. Titl.((S. Titl.: ohne Titel)) hiesigen Herren Beamten mit einiger Strafe beleget worden, er sich freventlich und boshafftig unterstunde

b.) Solch unserer Allergnädigst und Gnädige Herrschafften aus dem Kirchengebet, an einem Sonntage frühe nach gehaltener Predigt, aus zuschliesen, für welche doch solches von undenklichen Jahren her sehen (?) mußte. Welch ein Frevel von einem Dorfpfarr!

c.) Sein Betragen auf öffentlicher Kanzel mit eitel S. h. Lug und Betrug gegen die Herren Schultheisen, und zwar haupt sächlich gegen den dermalig Königlich Preußischen, HEn. Schultheisen Dom. V. post Trinitatis 1793. ruhet mit seinem, eine ganze Woche hindurch in seinem Hause getriebenen Schänden und Schmähen, welches offt bis Nachts 11. 12. Uhr gewähret, gewiß noch in frischem Gedächtniß bey Ihnen, und dann wie er sich

d.) Tags vorher, als am Petri Pauli Tage eigenmächtig wider das Verbot eines Rthlrs. Strafe erlaubte seine Magd und Frau, zum Ärgernis der ganzen Gemeinde, ins Heu machen zu schicken

e.) Auf welche ganz infame Art er die beyde ansehlich ehrlich und tugendhaffte Jungfern, Sattesin und Keßelringin dahier, samt einem Ehemann, vor öffentlicher Gemeinde in der Kirche, S.h. Hurerey und Ehebruchs, den er vorgab, selbsten an- und zugesehen zu haben, bezüchtigte, und dieselben auf das Äuserste vor dem ganzen Ort und vor der ganzen nachbarschafftlichen Gegend, am Sonntage Jubilate 1791. beleidigte: Solches wird noch jedem in der Kirche damals Anwesenden, bekannt seyn. Und solches that er aus keiner anderen Ursache, als sich an denen selben zurächen, nach dem er, als damaliger Wittwer um jede derselben gefreyet, von jeder aber einen Korb bekommen hatte. Wie nun aber diese auf Beweis andrungen, kam er

f.) Am darauf folgenden Sonntage Cantate wieder vor ganz versammelter Gemeinde, in öffentlicher Kirche, und wiederrief alles das, was er vor 8. Tagen gesagt hatte, mit dem Ausdruck: Er wäre unrecht berichtet worden, da er doch vorher bezeugte, daß er solche Schande selbsten mit Augen angesehen hätte, hätte auch sein Kind bei sich gehabt, dem er solche Schandthat nicht hätte wollen zusehen laßen, und hätte dahero solches bei Seit geschickt, und so mit stellte er sich als Pfarrer, Seelenhirte und Beichtvater der hiesig ansehlichen Gemeinde auch noch, und zwar in eigener Person unter dem ihme eigenen Character als ein S.h. Schandvoller Lügner dar.

g.) Mit welchen Flüchen, die auch wohl der Roheste seinem Mitmenschen nicht anfluchen wird, er den dermaligen HE.n Bürgermeister Röder – seine Familie – sein Haus und Gütter beleget, als der selbe am 2tenPfingsttage 1789. Abends, nach verstrichener Betstunde, nach dazu gehabter Herrschafftlicher Erlaubniß, Musikanten gehalten, ist wohl jedermann erinnerlich. Ob nun ein solcher Mensch, der sich gleichsam als ein Pabst mit dem Bannstral brüstet, nicht viel mehr zu bestrafen, als seines ganz wütend Eyfers halben, der nur aus bloser Bosheit gegen diese Leute brannte, zu loben seye? überläßt man dem Judicio vernünftiger Leute. In dieser Wuth seiner Bosheit würde er wohl gleich haben Feuer vom Himmel fallen laßsn um dieses Haus mit seiner Familie zu verbrennen, wenn ihm die Macht dazu wäre eigen gewesen. Der Ausspruch Jesu Luc. 9. hätte ihn nicht gerührt, der zu seinen Jüngern sagte: Wißet ihr nicht weß Geistes Kinder ihr seyd? Hiedurch gab er deutlich zu erkennen, weß Geistes Kind er ist.

h.) Wie er privat Ursachen wegen den Königl. preußischen Unterthan Franz Keßelring mit seiner Frau, eigenmächtig mit der Excommunication erst kürzl. prostituirt, ist hinlänglich bekannt. Ob aber solche eigenmächtige Excommunication ihme als einem Dorfpfarrer zustehet? überlaße ich einem höheren judicio.((Gericht, Urteil))

i.) Die Art und Weise mit der er sich gegen den Hochfreyherrl. von Romannischen titl. Herrn Amtmann und Gerichtsschreiber Traber dahier, dann gegen HE.n Senator Johann Georg Henftling seines Sohnes wegen, HE.n Kleinfelder des Herbsttrunks halber, und erst wieder neuerlich deßen verstorbenen Söhnleins Abendleiche wegen, ferner gegen HE.n Ramann, gegen die Vogler- und Hofmannischen Kinder pp auf das niederträchtigste betragen so wohl mit groben Undank, als mit Schänden und Schmähen; und wie er sich fast mit jedermann, auf die schändlichste, dem geistl.n Stand ganz auf die tiefste herabwürdigende Art abwirft, ist ohne weiteres Berühren, sattsam bekannt. Hiezu kommt noch daß er sich

k.) auf eine dem geistlichen Stande sehr schandvolle Art beträgt, wenn er denen Weibern die Waden mißt; wenn ihn die Leute grüßen, ihnen nicht danket. Ferner daß er

l.) denen ihm auf dem Rathhause vorgeschriebenen Regeln im Wenigsten nach lebet, da er, nach dem er sich nun durch aufgelegte Strafe genöthiget siehet, auf höheren Befehl, in der St. Gumbertskirche dahier Bethstunden zu halten, er, aus purer Bosheit, solche auf denen Aposteltagen zuhalten sucht, damit, weil die Kirche sehr klein ist, die Leute nicht da hinein – sondern ohne Gottesdienst verrichten zu können, wieder nach Hause gehen müssen. Sodann

m.) Die zuhaltende Leichen, besonders an Sonntagen, nicht zu der ihme vorgeschriebenen Zeit hält, und blos seiner Bosheit wegen, sich nicht zur rechten Zeit, wenn die Zeichen zum Fortgehen gegeben sind, einfindet, damit sehr offt die Leute, die besonders von fremden Orten kommen, an ihrer Nachhauskunft gehindert, und die hiesigen Leute in Kälte und Hitze, vor den Leich-hausthüren stehen und seiner faulen Ankunft erwarten müßen.

n.) Da er das heil. Abendmahl nach vorgeschriebener Ordnung, alle 14. Tage halten soll; ist Ihnen seine Unordnung deßhalb allerseits wohlbekannt, und müßen seiner Faulheit wegen, mehrmals die Leute die zur Beichte gehen wollen, wieder leer nach Hause gehen: Davon der Fall erst am letztlichen heil.n Weynachtsfeste sich ereignet, daß er, nach dem die Zeichen zur Beichte gegeben waren, solche absagte, und an solch hohen Festtage keine Communion hielte. Wie auch

o.) Daß er der Passionshistorie in den Fasten, da von denen ältesten Zeiten her, wie an allen Orten, so auch dahier, Sonntags früh ein Stück zuverlesen verordnet ist, gar nicht mehr gedenkt, sondern solche, der von seinem verruchten Meister Bahrdt erlernten Lehre nach, aus der Kirche zu verbannen sucht.

p.) Wie er seine Accidencien((Nebeneinkünfte)) bey Leichen, Hochzeiten und so fort, zu steigern sucht, da er besonders einen Lohn verlanget, wenn er das Pfarrbuch, der Geburt eines Verstorbenen wegen, soll aufschlagen, ist bekannt, aber niemals hier gebräuchlich gewesen.

q.) Auch ist zu bemerken, da er anderen Leuten das 39. Cap. Sirachs zu lesen rekommendiret((rekommendieren: empfehlen)), daß er solches als Pfarrer, für den hauptsächlich solch Capitel gehört, um darnach zuthun, sehr wenig befolget, indem er sich mehr mit Pfuschen in der Doktorey, als mit seiner Bibel beschäfftiget. Ein Beweis davon ist, daß er in vorig 1793. Jahre, im ganzen Lande als ein Kinderabtreiber renommirt((= berühmt, angesehen, namhaft)) wurde, darüber ihm von dem Kitzinger Amte, Büttel oder Amt-knechte samt einem Schreiber ins Pfarrhaus gesendet und seine herrliche Medicin versiegelt und weggenommen worden, welche auch endlich zur Untersuchung soll kommen seyn, und wofür er seine Bestrafung soll erhalten haben.

r.) Nicht minder entblödet er sich nicht, im ganzen Orte, bey ergebender Gelegenheit sich selbst als einen der geschicktesten Zauberer und Hexenmeister zu erklären, mit der Versicherung, daß er Menschen und Vieh bezaubern und bannen, und ihnen dieses und jenes Böse anzuthun, vermögend seye, wie er sich denn

s.) seinem geistl.n Amte höchst strafbar entgegen in einem hiesig ansehlichen Hause, ohne dazu aufgefordert zu werden, von selbsten frey willig angebotten, bey einer entwendet seyn sollender Sache das Sieb zudrehen, dabey er den Namen einer ganz unschuldigen Person heraus gedrehet und solche als Diebin, unfehlbar angegeben hat. Der Beweis aber daß die von ihm genanndte Person ganz unschuldig, und daß der HE. Pastor, als ein Hexenmeister S.h. gelogen hatte, war dieser, daß man nach wenigen Tagen die ver lohren gegangene Sache, wohlverschloßen, in einem Schranke wieder funde, wobey unmögl. gewesen, daß die von dem HE.n Teufelsbanner genanndte Person, die verlohren gegangene Sache, in den verschloßen gewesenen Schrank hat bringen können. Ferner

t.) Wie er sich, gleich einem Zigeuner, mit der Chiromantie((Wahrsagen aus Handlinien)) abgibt und denen Leuten aus den Händen wahrsagt, darüber eine hiesig ansehliche Frau, der er wahrgesagt, als sie hochschwanger war, bey nahe in Melancholie gerathen wäre.

Ein solches alles, und noch mehreres das allerseits Denenselben wißend ist, wie er sich besonders mit seinem unerträglichen Hochmuth auch gegen nachbarschafftliche Orte beträgt, deßhalb man ihm von dorten her, nebst seiner Ungezogenheit, ihre Kanzel fernerhin zu betretten, untersaget: Von solchem allen wird wohl höchstnöthig seyn bey Einem Königlichen Hchstpreistl.n Consistorio zu Ansbach die allerunterthänigste Anzeige zu machen, weil durch dieses Mannes Gott und gewißenlose Irrlehre die Jugend in das äuserste Seelenverderbniß gestürzet wird: wie auch besonders von seinem der ganzen Gemeinde zum grösten Ärgerniß gereichenden Lebenswandel, wodurch er seine im Sinne habende Lehre bestättiget, und sich dadurch zu einem Prostibulo((Hurer)) der sämtlich fränkischen Geistlichkeit darstellet, wider welch alles die äuserste Gefahr erfordert, bey solch höchsten Tribunal sich allerunterthänigst Hülfe und Beystand deßhalb zuerbitten, wenn man anderst nicht gesonnen ist, dieses Mannes Bauchpflegen wegen, so wohl des ganzen Orts, als besonders der Jugend Seelen Heyl und Wohlfahrth hinten an zu setzen.

Wie nun, schon gedacht alle innen benanndte Punkte Ihnen allerseits schon hinlänglich bekannt und Orts kundig, auch alle der Warheit gemäß sind; so konnte ich nicht entstehen auf das Andringen eines grosen Theils hiesiger Bürger, Ihnen solche schrifftlich vorzu legen und Ihren Entschluß, gehörigen Orts Gebrauch davon zu machen, nach dem Wunsch vieler Bürgere, darüber zu erwarten, als der ich mit geziemender Hochachtung bin,

Deroselben

Maynstockheim gehorsamster Diener
den 22. Febr. 1794. Johann Heinrich Zang.