Wenn wir diese Zeile so in abgekürzter Form oder ähnlich auf vielen Blättern der „Calligraphia oder Selbstlehrenden Schönschreibkunst“ lesen, dann erkennen wir zunächst einmal, dass der Kantor Zang der Verfasser ist. Dass Zang dies nicht nur geschrieben, sondern auch die Kupferstiche dazu gefertigt hat, wird uns erst beim näheren Betrachten bewusst: „Zang hat es geschrieben und gestochen“.
Wir wollen die Wurzeln der Vielfachbegabung Zangs ausgraben. Dabei dürfen wird nicht fragen: Wo hat er das gelernt? Nein, Zang war ein Autodidakt. Er sieht etwas, er probiert es aus, er erkennt sofort die Techniken, er hat Erfolg. Das wird, um ein Beispiel zu nennen, bei seinen „Musivgemälden“ (= Collagen) einmal so beschrieben: „Im Jahre 1793 sah Zang das allbekannte Blankische Kunstkabinet zu Würzburg und machte sogleich den Versuch mit Verfertigung ähnlicher musivischer Kunstgemälde. Damit gelang es ihm so gut…“((Meusel, Teutsches Künstlerlexikon, 3 Bde., Lemgo 1808 – 14, Bd. 3, S. 575ff; MITTEILUNGEN 1986)) Was hier von dem 60-jährigen gesagt wird, gilt sicher auch für den jungen Zang. In Zella-St. Blasii hatte dieser bestimmt Beziehungen zu dem Kupferstecher Schübler((H. Löffler, Die Schüler Bachs und ihr Kreis in: Zeitschrift für evang. Kirchenmusik, Nr. 5, S. 130, Nürnberg 1930, MITTEILUNGEN 1986)), der mit J. S. Bach in Verbindung stand (die sog. „Schübler-Choräle“ wurden in Zella-St. Blasii gestochen und gedruckt).((W. Schumann, Bach-Erinnerungen aus Zella-Mehlis in: Bach in Thüringen, zum Bach-Gedenkjahr 1950, Evang. Verlagsanstalt Berlin, teilweise in MITTEILUNGEN 1986)) Zang hat mit großer Wahrscheinlichkeit hier die Handhabung des Kupferstechens gesehen und auch ausgeführt. In seiner Vermögensaufstellung von 1780 sind seine „Kupferstecher-Instrumente nebst Preß“ sowie „Druck und Schreib Pappier“ aufgeführt.((Gemeindearchiv Mainstockheim, B II/11, MITTEILUNGEN 1987))
Zang hat sie oft gebraucht, nicht nur zu seiner „Schönschreibkunst“ (1762). Er scheint zu seiner Zeit als Kupferstecher bekannt gewesen zu sein. Die bis heute noch verschollene „Singende Muse am Main“ hat er 1776 „selbst in Kupfer gestochen“((Ernst Ludwig Gerber, Lexikon der Tonkünstler, Leipzig 1814, Bd. 14, S. 625ff, MITTEILUNGEN 1986)). 1770 bringt er im Auftrag des Kitzinger Bürgers Johann Valentin Schmid die aus den Jahren 1705 und 1706 stammenden Kupferstiche der Stadtansichten von Kitzingen auf den damals aktuellen Stand((Otto Selzer, Kitzinger Stadtansichten aus dem 18. Jahrhundert in: Die Mainlande, Beilage zur Main-Post, Würzburg 18. Jg., S. 69ff, vom 30.9. und 7.10.1967, abgedruckt in: Festschrift zum 250. Geburtsjahr Joh. Heinrich Zangs, Mainstockheim 1983)). Seine „Küfer- oder Büttnerlehre“ (1790) hat er mit 38 Kupfertafeln ausgestattet((Festschrift zum 250. Geburtsjahr Joh. Heinrich Zangs, Mainstockheim 1983, S. 11ff)). Im „Vollkommenen Orgelmacher“ (1804) fügt er zwei Kupferstiche an((Festschrift zum 250. Geburtsjahr Joh. Heinrich Zangs, Mainstockheim 1983, S. 14ff)).
Otto Selzer schließt im Jahr 1967 seine Arbeit über die o. g. Kitzinger Stadtansichten: „Der Lebenslauf des Mainstockheimer Kantors Johann Heinrich Zang und das hinterlassene Werk lassen erkennen, daß er eine Künstlernatur war, vielseitig und vor allem musisch überdurchschnittlich begabt und durch wechselvolle Lebensschicksale geformt. Er nützte seine Gaben rechtschaffen, übte seinen Beruf als Lehrer und Kantor ‚treueifrig‘ aus und schuf sich durch Geschick und Fleiß eine solide wirtschaftliche Grundlage. Die Qualität seiner Arbeit legt nahe, die Forschungen über Zang und sein Werk fortzusetzen“.((ref:6))
Wenn im folgenden Buchauszug der Schreibmeister Zang gewürdigt wird, so ist das Titelblatt des Mainstockheimer Kirchenbuches von 1768, bei dem Zang seine „Anweisungen zur Calligraphia“ selbst anwendet, eine passende Überleitung.